Es begab sich einst, dass sich ein
Jüngling auf den Weg machte, und in ferne Gegenden zog, da er
hoffte, dort in die Lehre eines Gärtners gehen zu können, der im
Umgang mit den Pflanzen der wohl geschickteste und erfolgreichste
seiner Zunft war.
Als er den Gärtner traf, wusste er,
dass es dieser sein musste, dieser und kein anderer, der ihm diese
Kunst beibringen sollte. Sein von ihm gewählter Meister war hingegen
erst skeptisch, sagte, der Jüngling sei viel zu erpicht.
Er führte ihn in einen verborgenen
Teil des Gartens und der Jüngling erblickte ein riesiges Feld
wuchernden Grases. Sein erwählter Meister gab ihm einen Spaten und
den Auftrag, die Fläche abzustechen und umzugraben. Er selbst
steckte sich eine Pfeife an und sah dem Jüngling bei seinen ersten
Spatenstichen zu, er war wohl sehr motiviert, und kam gut voran,
sodass der Gärtner seine Pfeife wieder einsteckte und sich seiner
Arbeit widmete.
Er hatte dem Jüngling auch einen Platz
in seinem Haus gegeben, und als der Jüngling ihn abends beim Essen
sah, wusste er, dass er seine Verzweiflung in Angesicht dieser
Mammutaufgabe würde zügeln müssen, um hier zu bestehen, und
gedachte, voreilig aufzugeben. Der Gärtner betrachtete ihn eine
Weile, sagte jedoch nichts.
Noch bevor sein neuer Meister kam, um
ihn zu wecken, war er bereits wach und ohne Frühstück auf dem Feld
gewesen. Nun musste er auch sich beweisen, dass er dieser Kunst
würdig war, hatte er sich selbst gesagt, und mechanisch seine
Aufgabe erfüllt.
Die Sonne war längst aufgegangen, als
der Gärtner den Jüngling im Garten fand, und der Jüngling sah,
dass dieser sein Erstaunen kaum zurückhalten konnte. Er winkte den
Jüngling mit sich und dieser sollte eine schwere Tüte voller Samen
aus einem Schuppen zum Feld schaffen. Der Jüngling war sich sicher,
noch nie so schwer getragen zu haben, und als er es geschafft hatte,
gab es kein Zeichen der Anerkennung, nicht ein Wort sprach sein
Meister, doch es lagen eine kleine Schaufel und abgenutzte Handschuhe
bereit.
Der Jüngling erkannte, was von ihm
verlangt wurde, doch wusste er nicht, wie er es tun sollte. Er
starrte die Erde einfach nur an, der Gärtner bekam schnell genug und
ging. Der Jüngling wusste, dass er ihn enttäuschte, doch hatte er
keine Idee und abends aß er nur einen kleinen Bissen, bevor er sich
schlafen legte.
Nun ließ er sich von seinem Meister
wecken, aß etwas, trank etwas, und begab sich zum Beet, und als er
es nun sah, fragte er sich, warum er es nicht gleichmäßig versuchen
sollte. Schnell holte er aus dem Schuppen eine Harke und teilte sich
das Feld ein, nahm Samen um Samen und bettete ihn in das Erdreich.
Dann besorgte er sich eine Kanne, und lief zum Brunnen und zurück,
Mal um Mal, bis jeder Samen ein wenig Wasser erhalten hatte. Der
Gärtner war indessen zu ihm gestoßen und schien besänftigt und
sprach gar seine ersten Worte seit einer längeren Zeit, der Jüngling
habe sich als würdig erwiesen, doch was wolle er bezwecken? Der
Jüngling stutzte und meinte: „Ich möchte hier ein Feld voller
Blumen heranwachsen lassen, sodass wir sie verkaufen können.“ Der
Gärtner nickte nur und ging.
In den folgenden Wochen bekam der
Jüngling andere Aufgaben, erfuhr einige Grundlagen, doch jeden Tag
sah er nach seinem Beet.
Nach einiger Zeit war es soweit, die
ersten kleinen Pflanzen sprossen aus dem Boden und der Jüngling
sollte sich nun um diese kümmern. Bevor er allerdings anfing, fragte
der Meister ihn, was dies für eine Pflanze sei, und welche Farbe die
Blüten haben würde. Der Jüngling war verwirrt, er erinnerte sich,
dass es verschiedene Arten einer Rose gewesen waren, mittlerweile
wusste er also, was er ausgesät hatte. Doch woher sollte er wissen,
wie diese Rose später aussehen würde? Dann fragte ihn der Meister
nach Größe, Lebensdauer und Schönheit. Der Jüngling konnte nur
die Schultern zucken und sein Meister ging mit grimmiger Miene weg.
Wieder hatte er ihn enttäuscht.
Er versuchte alles, um das
auszugleichen, kümmerte sich um die zarten Pflänzchen, doch sie
konnten sich nicht bewähren. Viele gingen ein, und er ging zu seinem
Meister und fragte ihn kleinlaut um Rat.
Dieser lächelte das erste Mal seit
langem und nahm ihn mit zu seinem Beet, und erklärte ihm, er müsse
sich dem jeweiligen Pflänzchen anpassen. Der Jüngling sollte die
kleinen Pflänzchen an die sonnigste Stelle umpflanzen und nun wieder
sagen, was er erwarte. Er betrachtete die verbliebenen Pflänzchen,
zweifelsohne waren sie stärker und somit würdiger als die anderen
gewesen, doch welche würde die Schönste werden? „Ich denke“,
sagte der Jüngling, „dass sie alle von atemberaubender Schönheit
sein werden. Sie werden groß und stark sein und selbst härteste
Winter überstehen, wenn man sich gut um sie kümmert.“ Er
betrachtete die Pflänzchen erneut und zeigte auf eine: „Das soll
meine Rose werden, sie soll die prächtigste, stärkste und
kostbarste sein.“
Er sollte sich nicht irren: Als er
seine Ausbildung so gut wie abgeschlossen hatte, gingen er und sein
Meister zurück, aus den zarten Pflänzchen waren ansehnlich Rosen
geworden, reiche Kaufleute, treue Kunden des Gärtners, standen
bereits Schlange, um für eine horrende Summen auszugeben.
Der ehemalige Jüngling, der nun ein
ehrbarer junger Mann war, wusste, dass dies seine Bewährungsprobe
werden sollte und betrachtete die Rose, die er vor drei Jahren
erwählt hatte. Für ihn war sie wahrlich die schönste aller Rosen,
schöner noch als die besten des Meisters. Doch hatte er Angst, er
würde nicht bestehen, schließlich wusste er, dass der Meister und
die Kaufleute andere Favoriten hatten. Er sah seinen Meister an,
welcher zufrieden lächelte, und sagte: „So kann ich nun deine
Ausbildung für abgeschlossen erklären, du hast zehn wahrlich schöne
Rosen herangezüchtet, und auch wenn du dich im Vorfeld für eine
entschieden hattest, welche ab heute dein sein soll, hast du sie alle
gepflegt und einer prachtvollen Rose angemessen behandelt. Das ist
es, was einen Meister dieses Handwerks, dieser Kunst, ausmacht: Jede
Rose zu behandeln, als sei sie die schönste, die die Welt je
erblickt hat.“
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