Wie ich dort lande, weiß ich nicht.
Ich stehe einfach dort und die Straße ist unendlich lang. Und am
Anfang ist sie immer geradeaus. Wenn ich zurückblicke, kann sie
exakte Konturen annehmen und endet im Horizont, richte ich meinen
Blick nach vorne, ist es, als sähe ich eine Fata Morgana. Ich kann
eine Straße erahnen, doch ist dort keine, weil sie noch von Sand
bedeckt ist.
Wenn ich zurückgehe, dann verändert
sich die Straße. Sie ist nicht mehr gerade, sie hat Kurven,
Abzweigungen und auch einige wenige Schlaglöcher. Ich kann einer
Abzweigung folgen, dort gibt es mehr als nur den Sand und die Straße.
Es gibt ein Museum, eine Anlage, eine Küche, ein Theater, ein Kino,
Bücher und andere verschiedene Dinge. Wenn ich ins Museum gehe, kann
ich dort Bilder, Skulpturen, Monumente und Gemälde bestaunen. Trete
ich zum Beispiel nahe an ein Bilder heran, kann ich sehen, was vorher
kam, und was nach der Szene geschah. Doch die Dinge im Museum sind
bewusst unbewegt. Sie sollen eben nur diesen einen Moment einfangen.
Alle Ausstellungsstücke stellen etwas besonderes dar, und wenn ich
sie sehe, kann ich spüren, wie sie mich tief im Inneren berühren.
Neben der Anlagen liegt eine
Fernbedienung, mit der ich mich gut zurechtfinden kann. Es gibt zwar
eine Tracklist, doch da immer neue Stücke dazukommen, sie die ersten
Seiten vergilbt und die letzten strahlend weiß. Leider kann ich auch
nicht mehr alle Lieder hören. Sie hat einen unglaublich guten Sound,
doch beizeiten gibt sie die Dinge nicht so wieder, wie sie
aufgespielt wurden. Es ist, als wollte ich, dass sich das Stück
ändert. Meistens merke ich mir die Änderung und das Original, doch
je älter ein Stück ist, desto mehr verschmelzen das, was ich hören
möchte und das, was ich wohl mal gehört habe.
Das Theater ist wohl der
eindrucksvollste Ort. Dort kann ich sowohl Regisseur als auch
Zuschauer sein. Hin und wieder kann ich das Stück verändern, auch
wenn es mit seiner Uraufführung bereits in die Geschichte
eingegangen ist. Ich bin mir hin und wieder sicher, dass eine andere
Variante besser angekommen wäre, aber beim Publikum zählt nur der
erste Auftritt, sie sehen nur die erste Aufführung. Manchmal macht
es mich traurig, dass ich die Stücke nicht mehr ändern kann, doch
meistens bin ich mir sicher, dass ich aus ihnen viel gelernt habe,
was mir hilft, wirklich gute Stücke zu erarbeiten.
Im Kino ist es anders, hier lässt sich
der Film nicht mehr bearbeiten. Ich setze mich hin, wähle einen Film
und bekomme meine Vorstellung. Ich habe Verbesserungsvorschläge und
Kritikpunkte, doch kann ich nichts mehr am Film ändern. Manchmal
sehe ich mir bewusst traurige oder verstörende Filme an, meistens
sind es aber lustige, schöne und glücklich machende Filme.
Den Sinn der Bücher habe ich noch nie
ganz verstanden. Es sind so viele, und doch ist es im Endeffekt nur
eines. Ein gewaltig großes und dickes, indem ich mich doch immer gut
zurechtfinde. Einige Seiten tauchen zwar nicht wieder auf, aber so
ist es auch mit einigen Filmen und Audiodateien, den
Handlungstrang stört es eher selten.
Wenn es mir dort zu langweilig wird,
kann ich auch einfach wieder zurück auf die Straße gehen und mich
auf die Sandwüste zu bewegen. Allerdings kann ich die Straße
irgendwann kaum noch sehen, muss ihren Verlauf erahnen, da sie ja
komplett von Sand bedeckt ist. Kurven und Abzweigungen kann ich nur
erahnen, ich bewege mich in ein großes Nichts, durch welches ich in
dem Wissen gehen kann, dass ich vielleicht dabei bin, mich meilenweit
vom richtigen Verlauf zu entfernen.
Hier gibt es auch eine Anlage, ein
Theater und ein leeres Buch.
Die CDs, die ich in die Anlage lege,
muss ich selbst bespielen, die Stücke, die ich mir ansehen und
kreieren kann, sind rein fiktiv und werden vom Publikum so
wahrscheinlich nie erblickt werden, und die Texte, die ich in das
Buch schreibe, verblassen mit der Zeit, bis sie von meinen neueren
Texten überschrieben werden. Es bleibt alles wage und unsicher, bis
dann die Straße unter meinen Füßen auf einmal weniger vom Sand
bedeckt ist und ich die Kurven und Biegungen sehen kann. Ich habe
mich nie weit vom letzten bekannten Fleck der Straße entfernt.
Der Tag der Aufführung ist gekommen,
eigentlich weiß ich nicht, was gespielt werden soll, darum muss
meistens improvisiert werden. Natürlich hoffe ich, dass das Stück
gut ankommt, doch ich habe es schon oft erlebt, dass ein Stück nach
hinten losgeht. Auch bei anderen.
Oft frage ich mich, ob ich den Verlauf
der Straße wohl irgendwann exakt vorhersagen kann. Es gibt
Biegungen, die ich schon recht gut erahnen kann, doch dann tauchen
Schlaglöcher auf, mit denen ich nicht gerechnet habe, welche mich
ins Straucheln bringen.
Dann kommt der Moment, in welchem ich
wieder auf der Straße stehe, und hinter und vor mir nur den Teer und
den Sand sehen kann. Wenn alles andere kurz verschwindet, damit ich
mich neu orientieren kann. In diesem Moment ist es ruhig, die
Theateraufführungen sind vorbei, die Anlage ist still, das Museum
ist geschlossen. Die Ruhe tut gut. Ich brauche den Leerlauf, um den
weiteren Verlauf der Straße neu abschätzen zu können.
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