Ich habe einen der besseren Plätze
erwischt. Bei mir sind nicht mehr viele Raucher, die Luft ist
atembar. Man arbeite gar daran, die letzten Rauschwaden zu entfernen,
hat man mir erzählt, auch wenn dies wohl nichts mehr bringen wird,
da die Luft bereits so stickig ist. Es heißt, wenn es so weitergehe,
würden wir nicht mehr lange weiterspielen können. Aber welchen Sinn
hat das Spiel überhaupt? Obwohl es wohl an insgesamt immer mehr
Tischen gute Möglichkeiten gibt, sind viele Spieler dem Rausschmiss
wohl immer noch sehr nahe und die Bedingungen werden nicht besser.
Alles fängt mit dem Tisch an, den man
zugewiesen bekommt. Mit dem ersten Blatt und dem Höchsteinsatz,
welchen man nicht ohne weiteres verspielen darf.
Ich war nicht dabei, als es entschieden
wurde. Wie das geschieht, das weiß keiner. Es heißt, man müsse
Glück haben. Andere sagen, der Leiter des Kasinos würde den Platz
zuweisen, da er auf den ersten Blick erkenne, was jemand in einem
Spiel erreichen könne. Viele sehen in diesen Spekulationen den Sinn
des Spiels. Sie sagen, es gehe nicht darum, wo und mit welchen
Voraussetzungen man spiele, sondern darum was man aus diesen
Voraussetzungen mache. An den Wänden sieht man Bilder von Spielern,
die was erreicht haben oder noch erreichen wollen. Spieler, die ganz
unten anfingen und dann am begehrtesten Tisch spielten, Spieler, die
sehr viel Glück hatten und zum Dealer wurden. Spieler, die so gut
spielten, dass sie Einfluss auf den Dealer ausüben konnten, was
ihnen wohl mehr nützte, als selbst der Dealer zu sein. Auch gibt es
Bilder von den Kindern der legendären Spieler, man fürchtet sie,
doch zuweilen scheint ihnen der Ruhm auch nicht gut zu tun.
Wir sind sehr viele Spieler, und wir
werden immer mehr, auch wenn sich die Tische nicht vergrößern. Zwar
bilden sich hin und wieder noch neue Tische, doch diese waren dann
mal vereint in einem großen Tisch. Es heißt, dass es bald nicht
mehr genug Karten für die Spieler gebe. Und dass sich dann nur noch
die guten Spieler über Wasser halten könnten.
Ein weiteres Kriterium für den
Aufstieg als Spieler ist die Bedienung. Bei uns läuft die Bedienung
flüssig, im Vergleich zu anderen werden wir sogar sehr gut bedient.
Andere müssen sehr lange auf den Kellner warten, heißt es. Einige
werden ihn auch niemals sehen.
Ohne die Bedienung wäre vieles gar
nicht möglich. Man sagt, je besser die Bedienung ist, desto größere
Aufstiegschancen gibt es für den Spieler am Tisch. Sie ermöglicht
den Tischwechsel. Das Eintauschen von Chips. Die Beschaffung neuer
Karten. Speisen und Getränke.
Vor einiger Zeit soll es hier noch
anders zugegangen sein. Da soll die Luft besser, der Einsatz sowie
der Gewinn sollen kleiner und die Bedienung nicht so wählerisch
gewesen sein. Es passierte schneller, dass man um alles oder nichts
spielte.
Aber die Regeln haben sich geändert.
Die Taktik hatte sich verbessert. Es war leichter geworden, den Tisch
zu wechseln. Doch war es schwieriger geworden, in den Kreis des
Dealers aufzusteigen, obwohl der Einstieg für die Spieler deutlich
einfacher geworden war. An den Tischen um mich herum, so heißt es,
passierte es nur noch sehr selten, dass ein Spieler direkt nach der
ersten Runde den Tisch verlassen musste. Doch gibt es wohl immer noch
Tische, an denen die meisten Spieler keine zehn Runden überstehen.
Wenn überhaupt. Dies sind die Tische, zu denen sich auch keine
Bedienung begibt. Das ist auch der Grund, warum viele den Leiter des
Kasinos in Frage stellen. Sie glauben nicht mehr daran, dass er seine
Ordnung hergestellt hat, denn er würde viel mehr profitieren, wenn
er für ausgeglichene Verhältnisse sorgte. Auch macht es sie
stutzig, dass er keine klar definierten Regeln festgeschrieben hat.
Alles, was er den ersten Dealern gegeben haben soll, war ein
Leitfaden. Auch wenn einige sagen, dass sich die Dealer diesen selbst
ausgedacht haben, um an allen Tischen die Macht zu behalten und die
Ordnung zu wahren. Die Zweifler sagen gar, dass es den Leiter des
Kasinos gar nicht gibt und niemals gab. Dass die Spieler sich ihre
Dealer auserkoren und die Dealer Ordnung in das Spiel brachten.
An den meisten Tisch läuft es nach den
selben Regeln, sodass die Allmacht des Dealers und der Zufall der
Karten nicht in Frage gestellt wird. Hier und da soll es Tische
geben, an welchen die Dealer die neuen Regeln nicht übernommen haben
und nach einem alten Schema spielen, was die meisten Dealer, die
zusammenarbeiten, verärgert.
Der allgemeine Eindruck ist, dass alles
seine Ordnung hat und der Spieler beim Spiel auch profitieren kann.
Wir haben die Freiheit, uns mit anderen Spielern zusammenzutun, um
uns bessere Chancen zu erarbeiten. Allerdings halten die meisten
dieser Allianzen nicht lange, da meist neue geschmiedet werden, wenn
die alte einen nicht mehr voranbringt. Es gilt als altmodisch immer
denselben Partner zu haben. Man sagt, dass dasselbe auch für die
Dealer gilt. Die Dealer treffen Absprachen, sodass sich gewisse
Tischgruppen zusammenschließen, damit dynamischere Spiele entstehen,
von welchen am Ende alle profitieren sollen. Allerdings erzählt man
sich auch von kritischen Stimmen, die das aus den sinnvollsten und
unsinnigsten Gründen heraus hinterfragen.
Ich habe mich viel mit diesen Fragen
beschäftigt, denn eines Tages möchte ich auch ein Dealer sein. Ich
möchte herausfinden, ob es wirklich so läuft, wie man mir sagt,
oder ob man mir das nur sagt, damit es so läuft. An den Wänden
sind noch Plätze für neue Bilder.
Genauso wie viele andere auch möchte
ich einen davon haben.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen