Donnerstag, 3. September 2015

Der Umgang mit der Angst

Es gab einmal einen jungen Erwachsenen, der das Segeln über alles liebte und vor keiner Herausforderung zurückschreckte. 
Doch es kam der Moment, der früher oder später immer kommen musste: Der junge Mann segelte eine Strecke, die er zu kennen dachte, und wurde von der rauen See überrascht, die ihn kurze Zeit später fast kentern ließ. Er fühlte sich ausgeliefert und entkam den Unheil nur knapp. Als er im sicheren Hafen ankam, war er vollkommen außer Atem, denn so eine Situation hatte er vorher noch nicht erlebt. Natürlich waren ihm die Risiken gewusst gewesen, sein Mentor hatte ihn gewarnt, dass es so kommen könnte, er hatte sogar versucht seine Warnung zu berücksichtigen, und doch wäre beinahe genau das passiert, wovor er gewarnt worden war. Es erschütterte ihn und nahm ihm für eine Zeit jegliche Selbstsicherheit. Seine Kameraden und Mentoren hatten ihn ermutigt und spekuliert, er würde sich bald wieder an neue Herausforderungen herantrauen. Doch es dauerte, bis er sich wieder bereit fühlte. 

Während seine Kameraden neue Gewässer ausprobierten und dabei teilweise kläglich scheiterten, widmete er sich bekannten und ruhigen Gefilden. Er probierte nichts aus, denn er war überzeugt, dass er auch dort genug Erfahrungen würde sammeln können, denn er wusste, dass er erst einmal seine Selbstsicherheit zurückerlangen musste. Doch mit der Zeit erkannte er, dass ihm die Herausforderung fehlte, dass er sich wieder an Neues herantasten wollte. Und so geschah es, dass er beim Segeln eine neue Strecke ausprobierte, die ihn vor neue Herausforderungen stellte, welche er gut meisterte. Er fand wieder mehr zu seinem alten Mut. Segeln war nicht mehr nur eine Routine, es machte ihm wieder mehr und mehr Spaß. Doch er erkannte, dass er sich der Route, an der er scheiterte, noch einmal würde stellen müssen, um nicht mehr nur ein Schatten seiner Selbst zu sein. Wieder und wieder weckte ihn die Route aus seinem Träumen, sein Scheitern verfolgte ihn.
Also stellte er sich seiner Angst, die bisher über ihn lachte. Er war wieder und wieder über sich hinausgewachsen und auch dieses Mal würde er es schaffen.

Er schnappte sich sein Boot, machte die Leinen los, fuhr hinaus auf das unruhige Meer, weiter, immer weiter, bis er die Stelle erreichte, an der er gescheitert war. Auf einmal erinnerte er sich besser an das, was damals passiert war, die Angst überfiel ihn. Doch er war bereit. Er machte weiter, umfuhr die schwierigen Stellen und erkannte, dass er es damals nicht hätte besser machen können. Dies war eine schwierige Stelle, an der selbst einige gescheitert wären, die weitaus mehr Erfahrung hatten als er, denn er hatte sich nie Illusionen hingeben: Er war ambitioniert, ja, aber er war nicht perfekt, er war, wenn man ihn mit anderen verglich, irgendwie immer noch eine Art Anfänger. Als er die schwierigen Stellen hinter sich hatte, ließ er sich treiben und atmete erleichtert aus. Auf einmal fühlte er sich wie besser.
Als er die nächsten Tage den Hafen verließ, merkte er, wie die Leichtigkeit und das Selbstbewusstsein, die er so lange vermisst hatte, zurückkehrten. Ja, es hatte ihm viel Spaß gemacht, aber so war es unbeschreiblich schön. Es fühlte sich fast so an, als hätte er vergessen gehabt, wie schön das Segeln wirklich sein kann.

Er lächelte. Es würden neue Gefahren und Herausforderungen auf ihn zukommen, doch auch sie würde er meistern. Er hatte sich seiner größten Angst, die ihn so lange verfolgt hatte, gestellt, seinen Dämonen besiegt. Er hatte das Gefühl, endlich wieder er selbst und nicht mehr nur sein Schatten zu sein.

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