Eines Mittags kam ein junges Kind
weinend nach Hause. Die Eltern wunderten sich, fragten, was passiert
sei. Das Kind beschwerte sich, der Tag sei nicht so schön gewesen
wie der Tag zuvor, und erst recht nicht so schön wie derselbe Tag
ein Jahr zuvor. Die Eltern waren verwundert, wussten erst nicht, was
sie darauf antworten sollten. Nach einiger Zeit kam ihnen die Idee,
dem Kind eine Geschichte zu erzählen:
Es gab einmal einen Maler, der so viel
Spaß am Malen hatte, dass er die schönsten Bilder malte, und mit
der Zeit erkannte, dass er, je schöner das Bild war, auch desto mehr
Spaß am Malen hatte und damit auch noch erfolgreicher wurde.
Allerdings geschah das, was früher oder später immer geschehen
musste: Ein Bild, von dem er sich so viel erhofft hatte, sollte
einfach nicht so werden, wie er sich das vorstellte. Je länger er am
Bild arbeitete, desto weniger Spaß machte ihm das Malen, und als das
Gemälde fertig war, klopften ihm Kunstkenner nur auf die Schulter,
und sagten, beim nächsten Mal werde es wieder besser. Das machte ihn
so traurig, dass er erst gar nicht mehr malen wollte, und als er es
doch wieder tat, ähnelten die Bilder seinen älteren Werken. Sie
waren schön, keine Frage, doch verlor er sich mehr und mehr in einer
Eintönigkeit, bis er irgendwann verkündete, dass er nie mehr ein
anderes Bild malen wolle.
Doch es kam der Tag, an dem er
feststellte, dass er das Problem damit nicht gelöst, sondern sich
nur vor ihm versteckt hatte. Wütend trat er nach den Farbeimern und
Pinseln, die Farbe ergoss sich im ganzen Raum und einige Leinwände
wurden bespritzt. Er lachte. Das hatte er noch nie so gemacht. Aber
es gefiel ihm. Es machte ihm Spaß.
Die Kunstkritiker waren nicht von jedem
Bild begeistert, doch das war ihm egal, denn er hatte erkannt, dass
es nicht darauf ankam, wie sie es fanden. Er hatte erkannt, dass zwar
nicht jedes Bild gut werden konnte, aber dass sie alle besonders
waren, und dass er sich nicht an alte Werke zu klammern brauchte.
Als die Eltern mit ihrer Geschichte
fertig waren, sah sie das Kind mit großen Augen an, die heiße
Schokolade war bereits leer, und es begann nachdenklich zu gucken.
Dann lachte es und meinte, dass sie der Maler sei und sie morgen
einfach nur ein neues Bild malen müsse, dass ihr Spaß bereite. Auch
das große Geschwisterkind hatte die Geschichte gehört und dachte
sich im Stillen, dass es aufhören werde, sich von den Kritikern den
Tag verderben zu lassen.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen